Rezension – Eine Schildkröte macht noch keine Liebe – Emma Wagner
Kurzbeschreibung
Vincent nimmt das Leben leicht und versucht Arbeit und Ärger aus dem Weg zu gehen. Als jedoch die geheimnisvolle Lilly in sein Leben tritt, hat er plötzlich von beidem mehr als genug am Hals. Schnellstmöglich will er die junge Frau mit den smaragdgrünen Augen wieder loswerden, aber sie erweist sich als ebenso sonderbar wie hartnäckig.
Lillys Leben ist von Grund auf anders – in vielerlei Hinsicht. Sie merkt recht bald, dass Vincent und sie nicht unterschiedlicher sein könnten und er sie mit seiner ganzen Art auf die Palme bringt. Doch man kann schließlich nicht besonders wählerisch sein, wenn man auf der Flucht ist. Und dann sieht der Kerl auch noch so unverschämt gut aus ...
Mit Gefühlen jedenfalls hat keiner von beiden gerechnet. Auch nicht mit Vincents Bruder, der eigene Pläne verfolgt. Aber kann ein einziges Wochenende alles verändern?
Und wo kommt eigentlich die Schildkröte her?
Erscheinungsdatum: 17. Juni 2016
Seitenzahl der Printausgabe: 348
Verkauf durch: Books on Demand; Auflage: 1
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Lieben Dank an die Autorin, dass ich das Buch vorablesen durfte.
Angaben zum Autor
Emma Wagner ist eine 1982 in Niedersachsen geborene Autorin.
Zum Studium verschlug es sie nach Heidelberg. Diese herrliche Stadt wurde ihrem Ruf in Emmas Falle mehr als gerecht, denn sie hat ihr Herz in Heidelberg verloren. Dort lebt sie dementsprechend immer noch - inzwischen glücklich verheiratet - mit ihrem Mann und ihren drei Kindern.
Eigentlich hatte sie nie vorgehabt, einen Roman zu schreiben. Seit dem Erfolg ihres Debütromans "Liebe und andere Fettnäpfchen" mit über 40000 Verkäufen kann sie nicht mehr damit aufhören. An Ideen dafür mangelt es ihr auch nicht, nur an Zeit. Schließlich hat sie eine fantastische Familie, die für sie das Wichtigste auf der Welt ist. Daher kommt sie nur spätabends zum Schreiben, wenn - ausnahmsweise einmal - alle Kinder schlafen und sie, ohne über Bauklötze, Matchbox-Autos und Kuscheltiere zu stolpern, an ihren Laptop gelangt.
Da der Spagat zwischen Autorendasein und Mutterschaft nur mit einer gehörigen Portion Humor zu meistern ist, sind ihre Spezialität Liebesromane mit Herz, Humor und Heidelberg.
Kurzmeinung
‚Eine Schildkröte macht noch keine Liebe‘ ist atemberaubend, komisch und echt. Es ist wie Musik und die beste Musik spielt doch die Liebe. Und wenn dann noch eine Schildkröte zu Amor wird - und Heidelberg zum Liebesschloss - entsteht ein wahres Feuerwerk der Gefühle und ein Konzert für die Liebe.
Rezension – Wie ein Sommerhimmel voller Sternschnuppen mit einem Hauch Coachella
In ‚Eine Schildkröte macht noch keine Liebe‘ – Emmas neuestem Coup – begeben wir uns mit der Virtuosin Lilly auf die Flucht vor ihrem Vater. Eine Flucht aus einem durchgeplanten Leben, das keinen Freiraum für Zwischenmenschliches oder gar den ganz normalen Alltag eines jungen Mädchens lässt. Und schon gar keinen Platz für die Liebe. Es ist ein Aufbegehren gegen patriarchalische Strukturen der Disziplin, des Erfolgsdrucks und der eisernen Härte. Denn genau so war Lillys Welt bisher: überbehütet, erfolgsgedrillt und voller Leistungsdruck. Aber vor allem fremdbestimmt. Kein Wunder also, dass sie eines Tages ausbricht. Völlig übereilt und völlig planlos. Und nur für drei Tage, wie es zunächst scheint. Einfach, um ihrem Vater mal zu zeigen, dass sie auch alleine in der weiten Welt zurechtkommt, und dass sie ein selbstbestimmtes Leben mit ihrer Bühnenpersönlichkeit vereinen kann. Doch das ist nicht so leicht, wie sie es sich zunächst gedacht hat. Während ihrer Reise in die fremde, freie Welt kommt es zu einem Missverständnis nach dem anderen. So findet eine Schildkröte ihren Weg in ihr Gepäck und Lilly über kurz oder lang Einzug in die Wohnung des ihr bis dahin völlig fremden Vincent. Vincent – ein krasser Widerspruch zu Lilly selbst.
Zunächst rabiat, etwas abweisend entwickelt er sich doch schnell zum Charmeur, der nicht aus seiner Haut kann und dem weltfremden, verloren wirkenden Mädchen einfach helfen muss. Er trifft die Entscheidung, sie vorerst bei sich aufzunehmen und das Chaos nimmt seinen Lauf, verirrt sich auf unzähligen Bahnen von Missverständnissen, Geheimnissen und Überraschungen und wohin? Findet es selbst heraus…
- Wird Lillys Ausbruch aus der übersteigerten väterlichen ‚Fürsorge‘ wirklich ihr Weg in die Freiheit und in ein eigenes Leben sein?
- Oder schlägt sie schneller auf dem harten Boden der Tatsachen auf, als ihr lieb ist?
- Sucht ihr Vater nach ihr und was hat es eigentlich mit der Schildkröte und ihrer Virtuosenvergangenheit auf sich?
- Aber vor allem: Wie passt der gut aussehende Vincent in die ganze Geschichte hinein und was hat er so zu erzählen?
- Und was hat es mit einem Brüderpaar auf sich, das für den Fortlauf der Geschichte maßgebend ist, welches ich hier aber nicht weiter thematisieren werde?
Taucht ein und lasst Euch verzaubern, während ihr das Rätsel um Lilly und die Schildkröte Mondgesicht selbst löst.
Mit ihrem neuesten Roman bleibt Emma Wagner ihrem gewohnt humorvoll romantischen Schreibstil treu, der einen die Seiten wie im Fluge verschlingen lässt. Wechselnde Perspektiven geben dem Leser einen tieferen Einblick in die Beweggründe und Gefühlswelten der beiden gut ausgefeilten Protagonisten. Natürlich gibt es dem Genre getreu wieder ein Happy End, aber der Weg dorthin ist von unzähligen Steinen und Hindernissen durchzogen, sodass man bis zur letzten Seite nicht aus dem Mitfiebern kommt.
Die beiden Protagonisten starten dabei als Gegensätze zueinander, ziehen sich aber mehr und mehr wie Gegenpole an und können sich irgendwann dieser magnetischen Anziehungskraft nur noch schwerlich widersetzen. Bleibt die Frage, ob sie trotz aller Widrigkeiten und Gegensätzlichkeit zusammenfinden werden, oder am Ende alles in zwei zu fremden Welten verhallt und das Happy End in anderen Bahnen liegt. Denn aus fremden Welten kommen die beiden: Lilly ist etwas naiv und unbedarft, was aber der zu langen Vorherrschaft und des Verfügungsdranges ihres Vaters geschuldet ist. Sie versucht auszubrechen, ohne die Konsequenzen zu beachten. Wie die Welt funktioniert, ist ihr nicht bekannt. Noch nicht. Das fängt schon bei den Kleinigkeiten wie ‚Einkaufen‘ an. Sie weiß es einfach noch nicht besser. Aber es kostet Mut, aus gewohnten Strukturen auszubrechen und den hat sie allemal. Alles Weitere lernt sie in der Zeit allein und mit und durch Vincent. Darüber hinaus ist sie sehr liebenswert, niedlich und eine Virtuosin auf ihrem Gebiet: dem Musizieren. V ist sympathisch, gefühlvoll, vielleicht hier und da missverstanden, aber im Grunde ein sehr zuvorkommender und hilfsbereiter Mensch, dem das Wohl anderer und auch das der Tiere mehr am Herzen liegt als sein eigenes.
„»Jetzt komm schon«, murmelt Vincent mir genervt zu, bückt sich zu dem schmalen Grasstreifen des Vorgartens nieder, rupft einige Handvoll Gras, Klee und Löwenzahn ab und hält sie mir hin.“
Er weiß nur noch nicht so recht, was er vom Leben erwartet, was er sich erhofft, oder will. Beziehungsweise ist ihm die Richtung schon klar, aber er verliert sich ein Stück weit in den Verstrickungen und Irrungen des Lebens, bis er seinen Weg und die Mittel dazu auch findet. Zusammen erleben die beiden eine turbulente Zeit, müssen von Gewohnheiten abweichen, diverse Kompromisse eingehen, sich erst einmal aneinander in dieser ungewöhnlichen Lage gewöhnen und erleben mehr als nur eine alles verändernde Überraschung. Manchmal muss man aber in die Dinge Vertrauen haben, in die Veränderung selbst. Etwas, das beide im Verlauf der Geschichte lernen, während sie viele Missverständnisse zu überwinden versuchen. Doch in Emma Wagners neuem Buch werden sehr viel mehr Geschichten erzählt als nur die der beiden Protagonisten. Welche verrate ich an dieser Stelle allerdings nicht. Nur so viel: die beiden zuvor erwähnten Brüder sind mein absolutes Highlight.
„Mit einem leisen Lächeln beobachte ich ihr Gesicht, das in wechselnden Farben aufleuchtet – ein Spiegel des Spektakels auf der Brücke und dem Schloss und gleichzeitig so viel schöner als alles, was dort vor sich geht.“
Zum Inhalt selbst und dem Werdegang der Story kann ich sagen, dass es sich gefühlvoll, Emma-like und wunderbar entwickelt hat. Es ist anders als sonst. Aber anders bedeutet neu und neu bedeutet Abenteuer und Abenteuer bedeutet Leben. Von daher, ein Roman, wie ihn das Leben nicht hätte besser schreiben können. Eine Herausforderung für die Liebe, das Leben, für Lilly und Vincent. Eine gemeisterte Herausforderung, die auch die Autorin hat wachsen lassen. Ich finde es schön und habe mich nach leichten Startschwierigkeiten schnell eingefunden und mitreißen lassen. Zunächst fiel es mir etwas schwerer, ins Geschehen zu finden. Aber das legte sich binnen weniger Seiten schnell und die Autorin klärt hier gewisse Dinge bewusst erst später auf. Man spürt, wie sich das zarte Prickeln zwischen Vince und Li langsam aufbaut, wie ein kleines Pflänzchen wächst und sehr viel Hege und Pflege bedarf, um nicht im Keim zu verkümmern. Manchmal muss man mal kurz aus gewohnten Mustern ausbrechen, um seinen Horizont zu erweitern, damit man beim nächsten Mal im gewohnten Umfeld wieder besser und frischer brillieren kann. Und dieses Ausbrechen hat Emma gutgetan. Sie hat eine Geschichte mit viel Gefühl und Liebe zum Detail und zur Recherche geschaffen und alles flüssig miteinander verbunden.
Der Titel selbst ist zunächst ungewöhnlich. Aber ungewöhnlich zieht an und er passt sehr gut zur Geschichte. Warum sei an dieser Stelle aber nicht verraten, doch es klärt sich alles auf. Er ist wie ein kleiner, zunächst unscheinbarer Begleiter durch den Verlauf der Geschichte, der doch alle Fäden zusammenführt und zudem noch Amor spielt. Passend zu dem damit einhergehenden Feeling ist für mich auch das Cover gestaltet. Es gefällt mir mit am besten bisher von Emma Wagner. Die Farben versprechen eine laue Sommernacht, das Riesenrad im Hintergrund gibt einen kurzen Ausblick auf schöne Momente, die einen innerhalb der Geschichte erwarten und es wirkt romantisch, fast schon ein bisschen magisch. Wie ein Sommerhimmel voller Sternschnuppen mit einem Hauch Coachella. Wie ein Feuerwerk der Gefühle, das sich auch im Inhalt des Romans entlädt.
Alles in allem schleicht sich die Geschichte in das Leserherz, wie der Klang von Violinen die Seele berührt: dramatisch, hoch emotional und stimmungsvoll lässt dieser Heidelbergroman seine ganz eigenen Töne tanzen. Vincents und Lillys Geschichte lässt ihre ganz eigenen Töne tanzen. Und in jedem davon erklingt Heidelberg, atmet die Liebe und pulsiert das Leben. In Emma Wagners Worten fließt die pure Liebe zu Heidelberg, zum Schreiben. Dabei bleibt Sie gewohnt humorvoll und herzlich und bricht doch neue Bahnen. Lässt einen Heidelberg in jeder Pore spüren, in jeder Note erklingen. Eine Geschichte voller Klang und Liebe, eine Welt voller Emotionen, die einen alles andere vergessen lässt. Wie ein Musikstück, das einen so vereinnahmt, dass nichts anderes mehr existiert. Einfach wie das Leben und vollkommen wie die Liebe.
Viel Spaß beim Schmökern.
Eure, Jil Aimée