Rezension – In die Finsternis – Scott McLeary
Kurzbeschreibung
Als die Anomalie am Himmel erschien, ahnten die Gambrianer nicht, dass viele von ihnen dem Tod geweiht waren. Aus welcher Welt die Bestie stammte, vermochte niemand zu sagen, doch sobald sie ihren Fuß auf die Planetenoberfläche gesetzt hatte, begann das Sterben.
Die Streitkräfte Gambrias erlitten schwerste Verluste, und letztendlich mussten sie erkennen, dass sie niemals zuvor einem Feind wie diesem gegenübergestanden hatten. Erst als die gesamte gambrianische Zivilisation am Rande der Auslöschung stand, gelang es in einer verzweifelten Operation, die Bestie gefangen zu nehmen.
Jahrmillionen später - auf der Erde tobt der Erste Weltkrieg - wird eine französische Spezialeinheit in Marsch gesetzt, um das Geheimnis einer deutschen Ausgrabung zu ergründen. Wonach haben die Deutschen gesucht, und warum sind sie so plötzlich verschwunden? Nachdem die Spezialeinheit durch die Hölle der Schlacht von Verdun gegangen ist, erreicht sie schließlich die Grabungsstätte. Hier stößt sie auf einen Tunnel, der zu einem tief unter der Erde verborgenen Tor führt. Dutzende grausam verstümmelte Leichen liegen vor den weit geöffneten Torflügeln. Die Deutschen haben etwas freigelassen. Etwas, das nie mehr das Licht der Sonne hätte sehen dürfen. Eine furchtbare Bestie, die von einer technologisch hochentwickelten Zivilisation nur unter großen Opfern gefangen genommen werden konnte. Getrieben von einer unbändigen Gier nach Blut wütet diese Kreatur nun über das Angesicht der Erde und lässt nichts als Tod und Zerstörung hinter sich zurück.
Gambria war stark. Die Menschheit jedoch ... ist schwach. Aber sie steht nicht allein.
Erscheinungsdatum: 22. April 2015
Seitenzahl der Printausgabe: 348
Verlag / Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
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An dieser Stelle geht ein ganz lieber Dank an den Autor für das Bereitstellen eines Rezensionsexemplars sowie webfähigen Covers. Dieses beeinflusst in keiner Weise meine neutrale Meinung und Einschätzung des Romans.
Angaben zum Autor
Der Autor 42 Jahre alt und Diplom-Geologe. Sein Buch ‚In die Finsternis‘ ist ein Genremix, der als Kriegsdrama beginnt und sich dann zunehmend in Richtung Sci-Fi / Horror-Thriller entwickelt.
Rezension – Zusammenhalt entsteht in den dunkelsten Momenten unserer Zeit
Zum Inhalt von „In die Finsternis“ werde ich an dieser Stelle nicht viel sagen, denn die Kurzbeschreibung selbst gibt schon ein sehr umfangreiches und aussagekräftiges Bild. Ich möchte hier nicht zu viel verraten, daher beschränke ich mich in dieser Besprechung auf meinen ganz persönlichen Eindruck, was den Aufbau dieser Rezension etwas von meinem sonst typischen Muster abweichen lässt.
McLearys Roman ist ein Mix aus unterschiedlichen Genres. So finden sich tiefgreifende Aspekte der Spannungsliteratur wie auch Merkmale der Fiktion / des Sci-Fi und des Horrors im Buch wieder. Verknüpft werden diese wiederum mit historisch gar real und authentisch wirkenden Kriegserzählungen, rund um den Ersten Weltkrieg. Vor allem aber der Kämpfe zwischen den Deutschen und den Franzosen, wobei hier den beiden Parteien ihre unterschiedlichen Rollen zugespielt werden – Deutschland gierig und düster, Frankreich – das helle Licht, mit seinen ganz eigenen Schatten.
Die Geschichte eröffnet rasant, spannungsgeladen. Man wird direkt in eines der Geschehen geschleudert und versucht das Unfassbare zu begreifen, das sich bis zum Ende des Romans durchzieht – über Jahrmillionen bis in die Ewigkeit. Der Ur-Kampf zwischen Gut und Böse. Das intergalaktische Gleichgewicht, wenn man so will. Alles hat seine Zeit und auch wenn die Zeit selbst immer weitergeht, ist sie für die kleine Entität endlich. Manchmal gibt es einen direkten Neustart, so nach dem im Buch beschriebenen Asteroideneinschlag. Manchmal aber auch nicht an Ort und Stelle. Die erste hochentwickelte Bevölkerung der Erde – oder Gambrias – stand vor der eigenen kriegerischen Vernichtung, bis ein neuer, ein gemeinsamer Feind auftauchte, der in seiner todbringenden Brutalität so grausam war, dass bestehende Differenzen für unwichtig erkannt und Brücken des Zusammenhaltes geschlagen wurden. Gemeinsam gelang es, dem Feind zumindest für eine gewisse Zeit lang Herr zu werden, ungeachtet der immer drohenden Gefahr auch die Zukunft des Planeten zu schützen. Ein sehr weitsichtiger Charakterzug der Gambrianer, die in diesem Buch allesamt wunderbar gemalt und ausgestaltet sind. Einige Charaktere sind gut und vollends rund ausgebildet, andere hingegen haben noch Luft nach oben. Wieder andere entpuzzeln sich mit der Zeit und dem Lesefortschritt – so bei LaRoux, der mir sehr gefallen hat und mich am meisten zu berühren vermochte. Doch auch ihre Ära ist nicht von immerwährender Dauer und wird durch einen galaktischen Impakt letztlich mehr oder weniger vernichtet.
„Dann schlug der Asteroid ein, und der Planet versank in einen schwarzen Winter.“
Die Welt wird auf Null gesetzt und es vergehen nahezu unendliche Zeitalter, bis eine neue intelligente Spezies den Planeten bevölkert. Schnell entwickelt sie sich, erreicht einen Status von ausschweifender Prosperität, bis auch sie sich in einem selbstzerstörerischen Kampf befindet. Der Kampf gegen die eigene Rasse. In all der Zeit – nichts im Vergleich zum Bestand des Universums – schlummerte das Ur-Böse unter der Erdoberfläche und findet genau auf dem Hochpunkt des Krieges seinen Ausbruch – rächt sich mit all der Grausamkeit für sein Äonen andauerndes Gefängnis. Doch die Menschheit ist noch nicht so weit, um an einem Strang zu ziehen. So gelingt es nur mit Hilfe eines letzten – wie aus dem Nichts auftauchenden – Gambrianers, dem Monster Widerstand entgegenzusetzen. Doch der Mensch ist schwach, ob der Kampf von Erfolg gekrönt sein wird, ist fraglich. Geschichte wiederholt sich, in immer kürzeren Abständen. Es folgt ein erbitterter Kampf ums nackte Fortbestehen.
„Es war, als hätte sich ein schwarzes Leichentuch über den Planeten gelegt.“
- Wird er für die Menschen gut ausgehen?
Lest selbst und lasst Euch von der Sprachgewalt und dem Zeichnungstalent real wirkender Kulissen des Autors überzeugen. Er vereint gekonnt einen äußerst gehobenen und den unterschiedlichen Geschehen angemessen Erzählstil mit mehreren Bevölkerungs- sowie Zeitebenen, ohne sich in den Verstrickungen zu verlieren. Mehrere Zeitlinien werden überzeugend, wenn auch komplex, aber jederzeit nachvollziehbar miteinander verwoben. Der Schreibstil selbst wirkt gehoben, und aufgrund seiner flüssigen Formulierungen macht er das Lesen zu einem Genuss.
Der Autor spielt mit den Namen seiner Protagonisten, lässt sie typische Merkmale ihres Selbst darüber transportieren. Zeigt, dass der Mensch das Unbekannte fürchtet, bis er es sich bekannt gemacht hat. Die Namen haben unterschiedliche Bedeutungen, mein Liebling des Buches heißt LaRoux, und in seinem Dasein hat er schon viel Rot, viel Blut erdulden müssen. Doch Blut ist ja auch Leben. Die Kraft der Namen bekommt in diesem Roman eine unterschwellige Botschaft beigemessen. Das Buch heißt ‚In die Finsternis‘ – der Herrscher dieser ist allen bekannt. Einer der Charaktere trägt den Namen Olbaid – dessen umgekehrte Lesung einen Hinweis auf die Geschehnisse in der Geschichte geben kann. Doch der Teufel ist er nicht, nur der Teufel für den Teufel. Und der Titel passt so wunderbar zum Inhalt des Buches und verdeutlicht sogleich, dass Finsternis zwar immer dunkel ist, der Grund dieser aber verschieden sein kann. Der Mensch selbst trägt beides in sich – Licht und Dunkelheit, am Ende zählt, welchen Weg er geht.
- Krieg oder Frieden?
- Vernichtung oder Fortbestand?
- Vergebung oder Rache?
- Güte oder Zorn?
Das alles wird packend in diesem Roman erörtert. Zumindest für mich.
Auch die einzelnen Ereignisketten, die in allen Zeitebenen des Buches durchlaufen werden – sei es die Ur-Bevölkerung oder die Illustration der Kriegsgeschehnisse wirkt glaubhaft und ungeschönt. Und ebendiese Wirkung zeigt es auch auf die Beteiligten. Es ist brutal, fast grausam und doch auch wunderschön, wenn sich letztlich in den dunkelsten Momenten unserer Zeit der Zusammenhalt entwickelt. Dabei wirkt es stets emotionsgeladen und düster. Aber nur wer das Dunkel kennt, weiß um die Bedeutung des Lichtes. Und ein solches kommt gegen Ende des Buches erneut in Form einer externen Einmischung in irdische Geschehnisse. Doch gelöst wird diese nicht, sondern lässt Raum für Spekulationen, stimmt nachdenklich. Lässt auch Potenzial für eine Fortsetzung, selbst wenn diese nur in der Fantasie des Lesers selbst spielt. Es ist ein mehr oder weniger offenes Ende hinsichtlich des Ursprungs der Gefahr sowie der Hilfe.
„Das Objekt war nichts Stoffliches; es war ein Riss in der Realität, fremdartig und nicht vollständig erfassbar.“
Bei mir bleiben einige Fragen zurück, deren Beantwortung aber meine Fantasie beflügelt und genau das sollten Bücher ja auch. So zum Bespiel, wie es kommt, dass ein gewisser Fischer durch technische Gimmicks sein eigenes Leben strecken kann, seinen Freunden dies aber nicht beschieden war.
Einen kleinen Minuspunkt gibt es für mich, bei einem sonst überzeugenden Buch: Das Cover. Es ist leider – obwohl ich allem Intergalaktischen sehr zugetan bin – nicht mein Fall. Das ist aber rein subjektiv und sicher Geschmacksache, tut somit der absolut gelungenen Erzählung keinen Abbruch. Dafür hat mich wiederum besonders die Drittelung der Erzählstränge beeindruckt. Wenn Teil eins als etwas wie ‚Darkness ascending‘ anzusehen ist, so entwickelt es sich actionreich, baut sich rasant auf und entlädt sich dann in einem bitteren Überlebenskampf, der packt. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass verfeindete Truppen auf einer Seite stehen können, wenn eine dritte noch feindlichere Kraft im Bunde auftaucht. Möglicherweise ist die Welt alleine nicht fähig zu begreifen, dass sie zusammenhalten sollte, vielleicht braucht es diese neutrale Kraft, um sie ihre eigenen Schatten überspringen zu lassen. Doch niemand sollte Gott spielen. Kein Mensch und auch sonst niemand.
Alles in allem, eine ereignisreiche Geschichte, die viele Brücken schlägt – zwischen Zeiten, Nationen, dem Unbekannten – und durch einen äußerst beeindruckenden Schreibstil überzeugt. Meine Leseempfehlung. Taucht selbst ab in dieses Abenteuer.
Eure, Jil Aimée