Rezension – New York zu verschenken – Anna Pfeffer

29.08.2017 17:14

Kurzbeschreibung

Ein Chat-Roman über die wahre Liebe

Anton hat alles, was sich ein 17-Jähriger wünscht: vermögende Familie, liebende Eltern und keine Geschwister. Was Anton seit Kurzem auch noch hat: eine Ex-Freundin. Olivia hat ihn grundlos nach ein paar Monaten abserviert, und das, obwohl er sie doch mit einer Reise nach New York überraschen wollte. Das Ticket ist auch schon auf ihren Namen gebucht. Kurzerhand startet der selbstsichere Sonnyboy via Instagram die Suche nach einer neuen Olivia Lindmann. Der Andrang ist mäßig, aber es meldet sich eine 16-jährige Liv, die ganz anders ist, als die Mädchen, die Anton sonst trifft …


Erscheinungsdatum: 28. August 2017 (deutsche Erstausgabe)

Seitenzahl der Printausgabe: 336

Verlag: cbj Verlag

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ISBN-13: 978-3-570-17397-8

Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar erhalten. Dieser Umstand hat keinen Einfluss auf meine Beurteilung. Danke an den Verlag für das Bereitstellen eines Leseexemplars.

Angaben zum Autor

Ulrike Mayrhofer und Carmen Schmit, die beiden Autorinnen hinter dem Pseudonym Anna Pfeffer, sind seit ihrer gemeinsamen Schulzeit in Wien befreundet. Schon damals entwarfen sie Geschichten, die aus Lehrern paranoide Agenten und aus Mitschülern tragische Helden machten. Heute leben sie in Hamburg und Wien, sind zusammen über 70 Jahre alt, haben zwei Männer, sechs Kinder und einen Hund und schreiben noch immer zusammen.

Rezension – Vom Chatten, alten Lieben, neuen Freunden und einer ganz großen Reise

New York zu verschenken ist das zweite Buch von Anna Pfeffer, ihr neuer Jugendroman. Darin begegnen wir zum einen Anton – dem supersexy Instagramhottie mit dem vermeintlich großen Ego, der das Leben lebt und liebt, wie es kommt. Und dabei jeden einzelnen Moment genießt. Sorgen kennt er zunächst nicht. Das zumindest denkt man am Anfang, wird aber schnell eines Besseren belehrt. Dann gibt es da noch Liv, sie wirkt unsicher, hält auf sich selbst nicht allzu große Stücke und versteckt sich daher hinter einer perfekten Weltanschauung und dem Zurechtweisen von anderen – ab und an zu deren Leidwesen. Diesen Anschein hat es zunächst. Doch auch hier gilt: der Blick hinter die Fassade lohnt.

Anton wurde von seiner Freundin verlassen, Olivia Lindmann, der er noch immer nachtrauert, auch wenn er es sich nicht eingestehen will. Er wollte ihr eine Reise zum Big Apple schenken, hatte die Tickets schon und dann: Schluss. Auf einmal! Und was nun? Anton wäre nicht Anton, wenn er nicht eine pfiffige Idee hätte. Nämlich: Über Instagram einfach nach einer zweiten Olivia Lindmann suchen, die mit ihm in den Urlaub fliegt. Gesagt, getan. So treffen er und unsere Liv aus dieser Geschichte aufeinander. Zumindest virtuell. Zunächst.

Die beiden schreiben sich über Wochen Nachrichten. Chatten, was das Zeug hält. Lernen sich kennen, öffnen sich einander und wagen den Blick hinter die Fassade. Erzählen von ihren Träumen, schmieden gemeinsame. Bauen vielleicht sogar Gefühle füreinander auf, zeigen sich ihre schönen und auch nicht so schönen Seiten. Es scheint wirkliche Nähe zu entstehen, bis … ja, bis der Tag X – die Abreise – anbricht und mit einem Mal alles anders ist.

  • Was hatte Olivia Lindmann an sich, dass Anton ihr nach so kurzer Zeit eine so große Reise schenken wollte?
  • Und warum ist es so abrupt auseinandergegangen?
  • Kann die neue Liv wirklich mit der alten Flamme mithalten?
  • Warum eigentlich will sie nach New York?
  • Was passiert so Schlimmes, dass am Ende alles anders ist?
  • Und was hat das Zeigen eines Gesichts damit zu tun?
  • Sein Gesicht zu zeigen, erfordert Mut – Werden Liv (und auch Anton) diesen haben?

»If you can make it there, you’ll make it everywhere«,

ist ein Zitat, das nicht passender sein könnte. Vor allem für Liv, Anton und New York. Doch gilt es auch für die gemeinsame Reise? Lest, und findest es selbst heraus.

Für mich war diese Geschichte ein kleines Highlight, weil sie so erfrischend anders ist. Nicht nur in ihrer Form. Das ist ja offensichtlich. Doch ich muss sagen, die Idee eines ausschließlichen Chat-Romans finde ich auch klasse. Viel mehr als das hat mich aber die Dynamik der Dialoge und das Eigenleben der Charaktere sowie ihre schwankenden Gefühle begeistert, die sich ungeschönt in jeder geschriebenen Nachricht widergespiegelt haben. Das wirkt authentisch und ist vielleicht genau der Grund, warum man sich auch ohne geteilte Fotos näherkommen kann. Die Geschichte verdeutlicht dabei eines ganz besonders: Jeder hat sein Päckchen zu tragen, egal wie perfekt sein öffentliches Profil auch aussieht. Wir lassen uns nur allzu oft von ersten Eindrücken und falschen Oberflächlichkeiten blenden und verstecken uns dabei selbst nur zu gern hinter dem Schubladendenken.

»Es gibt gute Tage, es gibt schlechte Tage und verdammt viele dazwischen.«

Ich habe es schon gesagt: Dieses Buch ist etwas Besonderes. Angefangen beim poppigen Cover, das den Puls der Zeit trifft und perfekt zu Anna Pfeffers ersten Werk passt – eine Linie und doch wieder neu! Über den lockeren, jugendlichen, absolut humorvollen und doch teilweise tiefgründigen Schreibstil – es ist wirklich lustig und echt geschrieben. So stelle ich mir die heutigen Teenagerjahre vor. Bis hin zur Idee als solche, einen Roman einfach mal als Chat-Verlauf zu schreiben und den Lesern alles Drumherum, die Kulisse zu überlassen. Es ist einfach das Gesamtpaket, das überzeugt. Ich habe diese Geschichte in einem Tag durchgesuchtet. Konnte sie nicht aus der Hand legen. Sie war und ist für mich ein echter Pageturner. Die Nachrichtenform lässt einen nur so durch die Seiten fliegen. Die jugendliche Sprache wirkt aus dem Leben gegriffen. Ich habe mich beim Lesen gefühlt, als wäre ich selbst Liv, die Anton schreibt und seinen Messages entgegenfiebert. Habe die beiden direkt im Kopf gehabt. Es war einfach eine unverkrampfte, für mich sehr realitätsnahe Storyline, die ab der zweiten Hälfte an Tiefgründigkeit auch in den Chatgesprächen gewann. Die Protas kennen sich ab da inzwischen etwas besser und lassen ihre Gespräche weit über anfängliche Oberflächlichkeiten hinausgehen. Öffnen sich teilweise einander. Meine Ahnung, die ich von vornhinein hatte, hat sich übrigens gen Ende bestätigt. Was das ist, sei hier aber nicht verraten. Ihr werdet es nach dem Lesen des Buches selbst wissen.

Sidenote: Besonders gefiel mir natürlich Jilly, die kleine Schwester von Liv, woran mag das bloß liegen :D?

Dass manche Chatepisoden, so nenn ich es mal, etwas langatmig waren, hat mich nur ab und an gestört, da es doch den realen Charakter solcher Gespräche gut wiedergibt. Da wiederholen sich eben Dinge, das finde ich normal. Einziger kleiner Minuspunkt, aber das ist sicher Geschmackssache, ich hätte mir etwas mehr New York gewünscht. Einfach, weil der Titel einen verleitet, zu glauben, dort passiert auch viel. Gut, etwas Wichtiges, das ich aus Spoilergründen unkommentiert lasse, passiert schon. Aber: vielleicht gibt es ja eine Romanze 2.0 und was geschah danach! Nach New York. Das würde ich mir sehr wünschen.

Alles in allem aber wirkt die Story einfach echt. Ist ein Erlebnis, ohne dass viel an sogenannter Action passiert. Die Geschichte und die Bilder entstehen beim Lesen im Kopf. Und das ist das Wunderbare daran. New York zu verschenken ist ein schneller, frischer Read, der Laune macht. Vor allem: sich Fremdem zu öffnen und auch mal wieder nach NY zu reisen. Er ist erfrischend anders, jung, fesch, frech, kurzweilig und trotzdem tiefgründig. Beim Lesen hat es sich wie ein Lied angefühlt, dem ich gerade lausche. Mein Liebling für den Spätsommer 2017. Vielleicht auch Eurer?

Eure Jil Aimée