Rezension (offener Brief) – Liebesbriefe von Montmartre – Nicolas Barreau

09.12.2018 14:08

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Kurzbeschreibung

Als seine Frau Hélène mit nur dreiunddreißig Jahren stirbt, ist Julien Azoulay, ein Autor von Liebeskomödien, am Boden zerstört. Doch Hélène hat ihrem Mann ein Versprechen abgenommen: Julien soll ihr nach ihrem Tod dreiunddreißig Briefe schreiben – für jedes gelebte Lebensjahr einen. Verwundert stellt Julien fest, dass ihn das Schreiben der Briefe auf seltsame Weise tröstet. Er berichtet Hélène von dem Leben, das er jetzt ohne sie führen muss. Von seiner Liebe, die keine Antworten mehr bekommt. Von ihrem Sohn Arthur, der keinen traurigen Papa möchte. Von Cathérine, die ihn so gern trösten will, aber selbst zu unglücklich ist über den Tod ihrer Freundin. Hélène liegt auf dem Friedhof am Montmartre begraben, und dort, in ein Geheimfach am Grabstein, legt Julien seine Korrespondenz. Doch eines Tages sind alle Briefe verschwunden. Statt ihrer entdeckt Julien ein kleines Herz aus Stein. Julien ist fassungslos. Er hat keinem Menschen von den geheimen Briefen erzählt. Und noch seltsamer: Auf jeden Brief, den er nun schreibt, erfolgt eine »Antwort«: ein Gedicht von Prévert, Kinokarten für Orphée, ein Vergiss-mein-nicht-Sträußchen ... Was Julien nicht ahnt, ist, dass jemand ihn beobachtet. Jemand, der seine Briefe liest und den mit seinem Schicksal hadernden Mann mit sanfter Hand in die Welt der Lebenden zurücklenken will. Jemand, der sich in ihn verliebt hat …

Erscheinungsdatum: 4. September 2018

Seitenzahl der Printausgabe: 320

Verlag: Thiele & Brandstätter Verlag

ISBN-10: 3851794109

ISBN-13: 978-3851794106

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Ich habe dieses Buch als Presseexemplar vom Thiele & Brandstätter Verlag erhalten, dieser Umstand hat keinen Einfluss auf meine Beurteilung.

Angaben zum Autor

Nicolas Barreau hat sich mit seinen im Thiele Verlag erschienenen Romanen Die Frau meines Lebens, Du findest mich am Ende der Welt und Eines Abends in Paris ein begeistertes Publikum erobert. Sein Buch Das Lächeln der Frauen brachte ihm den internationalen Durchbruch, es erschien in 36 Ländern, war in Deutschland mit weit über einer Million verkauften Exemplaren „Jahresbestseller 2012“ und wird seit drei Jahren in unterschiedlichen Inszenierungen an deutschen Theatern gespielt. Auch mit Menu d’amour, Paris ist immer eine gute Idee und dem SPIEGEL-Bestseller Das Café der kleinen Wunder (2016), der auch ein internationaler Erfolg wurde, bezauberte er seine Leserinnen und Leser.

Rezension – Die Liebe überdauert die Zeit und heilt das Herz durch Worte und Gefühl

Lieber Nicolas,

lange habe ich überlegt, wie ich meine Gedanken und Gefühle zu diesem Buch in Worte fassen kann. Zum Inhalt selbst mag ich nicht viel sagen, da gibt ja der Klappentext schon einen guten Eindruck. Mir geht es mehr darum, aufzuzeigen, warum dieser Roman in mir nachhallen wird. Doch wie kann ich das Ganze zu Papier bringen?

Dabei ist die Antwort so naheliegend. Ein emotionaler Brief – wie im Buch so viele unser Leserherz berühren. Die Geschichte um den Schriftsteller Julien, der viel zu früh seine Frau verloren hat, um seinen Schmerz und den Kampf zurück ins Leben und das Wiederfinden der eigenen Kreativität hat mich sehr beeindruckt. Ich habe mit ihm gelitten, denn auch mir ist dieser Schmerz nicht fremd. Zu Beginn des Jahres habe ich überraschend und viel zu früh meine Mutter verloren, ich kenne die Dunkelheit, die darauf folgt, nur zu gut. Alles in mir hat weitergelebt, weil es musste, aber mein Herz hätte am liebsten stillgestanden und sich nach der Vergangenheit gesehnt. War in der Trauer gefangen, wie auch Julien in diesem Roman.

Da sind diese quälenden Fragen, das drohende Vergessen, die Angst des Alleinseins. Wie kann man einem Menschen nahe sein, den man verloren hat? Wie kann man auch nur einen Tag leben, ohne in Trauer zu versinken? Wie kann das Herz wieder gesunden, wenn das Leid unendlich scheint? All diese Fragen durchlebt Julien, ein ganz fantastischer und hoch authentisch gezeichneter Autor, für mich in diesem Buch. Auf seinem ganz eigenen Weg zur Wahrheit und zurück ins Leben, ein Leben, das die Liebe nicht vergisst, sie tröstend in sich trägt und auch bereit für Neues wird. Neues, das gar nicht so fremd ist, wie es zunächst erscheint. Zuneigung, die ganz in der Nähe lauert. Verpackt haben Sie das Ganze – Abschied und Neubeginn, das Einhergehen beider Stadien – in einem Versprechen und daraus resultierenden Rätsel. Da wäre zunächst der Gedanke der Briefe an die verstorbene Hélène, der mich gereizt und beeindruckt hat. Es ist diese Macht des Versprechens, die den Zauber des Buches für mich ausmacht. Sich die Trauer sprichwörtlich von der Seele schreiben, auch wenn das eigene Ich dies zunächst vehement verneint. Damit eine ganz eigene Geschichte innerhalb des Romans zu erzählen. Worte zu schaffen, die sich um die eigene Seele legen, zum Nachfühlen anregen und einen im Innersten bewegen. Diese Geschichte rührt an mit einer romantischen (teils verklärten) Herzlichkeit und einem Schmerz, die einen das eigene Leben und die oft zu nachrangigen Prioritäten überdenken lassen. Es sind Briefe, die ein ganzes, viel zu kurzes und doch voll gelebtes Leben symbolisieren, und den Verlust dessen, was das Herz so sehr braucht, versinnbildlichen. Aber auch den Weg aus dieser Trauer zeigen, verbunden mit ebenjenem Rätsel, dass bei einem Abschied oft auch eine Neubegegnung bedeutet. Es gibt noch Herzen da draußen, die geliebt werden wollen und einen zurücklieben. Auch in der vermeintlich düstersten Zeit, man muss ihnen nur ihre eigene Zeit geben und es zulassen. Das Herz lässt sich heilen. Ganz bestimmt. Ein so tröstlicher Gedanke, wie es auch Julien erkennen wird. Das Rätsel um die später verschwundenen Briefe schlägt einen tollen Bogen von der Vergangenheit über die Gegenwart hin in eine leuchtende Zukunft und zeigt somit das sich Stück-für-Stück-zu-Erkennen-Gebens eines vielleicht neuen Partners, der die eigene Trauer kennt, sie nicht verneint, sondern zu überwinden hilft. Bei jedem dauert dies unterschiedlich lang, und das ist auch gut so.

»Die Zeit gibt, die Zeit nimmt.«

All dies zeigen Sie, lieber Autor, uns Lesern in Ihrer Geschichte. Dabei bedienen Sie sich als Setting noch meiner absoluten Herzensstadt Paris, und es hätte vom Flair her für die Geschichte nicht besser gewählt sein können. Ich hab so vieles wiedererkannt und Neues entdeckt. Begleitet von einer wundervollen Sprache. Manches leider zu sehr im Zeitraffer erzählt, dadurch aber nicht minder bewegend und bildhaft. Dass Sie dabei in der Ich-Form erzählen, macht es sehr persönlich und schafft Verbindung.

Ihr Buch und seine Geschichte haben mich so sehr zum Weinen gebracht. Aber auch zum glücklichen Lächeln zwischendrin. Beides. Die Briefe tragen auch meinen Schmerz, sind offen und ehrlich und dabei so unendlich ermutigend – ob in ihren teils düsteren Stellen oder in jenen Passagen, die einem das eigene Licht im Leben zeigen. Heute möchte ich Danke sagen für diese tolle Geschichte, die mir ganz persönlich einen Weg zurück zu meiner Maman gezeigt hat. Briefe, ich werde sie ihr auch schreiben. Hin und wieder, so wie das Herz eben fühlt. So werde ich sie mitnehmen und ihr auf diese Weise einen Teil vom Leben geben und auch selbst wieder richtig leben. Das, was mir das vorliegende Buch damit geschenkt hat, ist von unschätzbarem Wert, den ich nie vergessen werde. Dabei sind es nicht nur die Briefe, die tief bewegen und hoch emotional zum Nachdenken anrühren. Es ist der fantastische, wohlklingende Schreibstil, der uns durch die Zeilen trägt. Eine herzzerreißende Geschichte in all ihren Facetten, mit all ihren wunderbaren realen Nebencharakteren. Jeder bekommt seine Rolle, es gibt den Tröster, den Wachrüttler und den Verständnisvollen. Den Zornigen, den Liebenden und den einen, der das wahre Leben in seiner ganzen Bandbreite zeigt und erklärt, warum Trauer wichtig ist, aber auch, warum sie einen nicht übermannen sollte. Die Verkörperung des Lebens und größter Mutmacher in diesem Buch ist für mich der kleine Sohn unseres Julien. So ein starkes Kerlchen, von dem man so viel lernen kann. Mannigfaltig wie die Geschichte selbst. Neben allem anderen ist es diese unerschütterliche Liebe eines Kindes, die das Buch zu einem besonderen Schatz macht.

 

»Die Toten sollten ein Zimmer in unserer Erinnerung haben. Wir können sie dort besuchen, doch es ist wichtig, dass wir sie in diesem Zimmer zurücklassen und die Tür von außen zumachen, wenn wir gehen.«

 

Es ist diese eine Erkenntnis, dass es nur ein körperlicher Verlust war, denn die Liebe überdauert im Herzen, immer. Das Weitergehen, das Leben für sich selbst sind so unendlich wichtig und selbst in der dunkelsten Stunde kann sich Licht, Liebe und Leben finden. In den unscheinbarsten Momenten.

 

»[…] und für einen kurzen Moment überwältigte mich der Gedanke, auf welch dünnem Eis wir uns bewegen, wenn wir unser Herz an etwas Lebendiges hängen.«

Trotz der Schwere des Romans ist es Ihnen gelungen, einen heiteren Lebensroman zu zeichnen, der nicht nur eine Seite beleuchtet, sondern uns die Welt zeigt, wie sie ist und sein kann. Unsere Welt, unser Leben, Juliens Leben. Die Zeit geht manchmal komische Wege, doch am Ende macht alles Sinn. Eine Geschichte, die einen lehrt, dass das Anerkennen und nicht Vergessen der Vergangenheit wichtig sind, aber auch, dass es noch bedeutsamer ist, darin nicht auf ewig zu verweilen. Ich habe es im Herzen genossen, die leisen und doch so unterhaltsamen Zeilen zu lesen. Die Charaktere, so unterschiedlich und lebendig sie sind, hauchen ihnen ein ganz eigenes Sein ein. Danke dafür, danke für den Mut und die Liebe zum Weitermachen. Einfach danke.

Jil Aimée