Rezension – This Love has no End – Tommy Wallach

18.09.2017 18:11

Kurzbeschreibung

Eine Liebe für die Ewigkeit

Als Parker in einer Luxushotellobby dem faszinierenden Mädchen Zelda begegnet und sie um ein obszön dickes Banknotenbündel erleichtert, ist es vorbei mit seiner Unsichtbarkeit. Denn eigentlich hat er die Kunst perfektioniert, niemandem aufzufallen. Doch die silberhaarige Zelda sieht ihm mitten ins Herz. Und so lässt Parker sich mit ihr auf eine hochriskante Wette ein. Die wird sie beide in einem atemberaubenden Wirbel durch die Nacht tragen, sie werden der Liebe begegnen, dem Glück über den Weg laufen, dem Tod ins Auge schauen und erkennen, was ihnen ihr Leben wert ist.


Erscheinungsdatum: 4. September 2017 (deutsche Erstausgabe) /

                                         Originaltitel – Thanks for the Trouble / 2016

Übersetzt von: Henriette Zeltner

Seitenzahl der Printausgabe: 321

Verlag: cbj Verlag

Hier gehts zum Buch: Tommy Wallach / Amazon / cbj Verlag

ISBN-10: 3570173968

Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar erhalten. Dieser Umstand hat keinen Einfluss auf meine Beurteilung. Danke an den Verlag für das Bereitstellen eines Leseexemplars.

Angaben zum Autor

Tommy Wallach ist ein Singer-Songwriter und Essayist, der seine Beiträge in verschiedenen New Yorker Magazinen veröffentlicht. Als Musiker ist er bei Decca Records unter Vertrag und trat bereits im New Yorker Guggenheim Museum auf. Die Filmrechte seines ersten Jugendromans We All Looked Up sicherte sich noch vor Erscheinen Paramount Pictures.

Rezension – Eine Liebe ohne Ende oder auch die Parabel vom Abschiednehmen, Loslassen und Weitermachen

Junge begegnet Mädchen, aber Junge spricht nicht. Zumindest nicht auf die konventionelle Art, und hat doch irgendwie viel zu sagen. Mädchen wiederum lebt nicht, zumindest nicht so, wie es die Gesellschaft und auch der Junge von ihr erwarten würden, und dann doch wiederum so viel mehr als viele andere. Zwei Leben prallen aufeinander, zwei Welten werden in ihren Grundfesten aufgerüttelt und am Ende neu zusammengewürfelt. Dabei entsteht eine gewaltige Explosion aus Liebe, Leben, Leidenschaft, Vergeben, Vergessen und Verzweiflung. Und doch auch aus Mut und Neubeginn. Beide lernen, dass es okay ist, auch mal nicht okay zu sein. Und dass es vielleicht auch genau das braucht, um wirklich okay zu sein. Parker – der stumme Junge – und Zelda – das perfekt traurige Mädchen mit der alten Seele – stehen dabei für zwei Reisende, die sich innerhalb der Geschichte selbst finden müssen. Beziehungsweise zwei Charaktere, die lernen, den eigenen Weg zu gehen. No matter the cost. Diese Geschichte ist anders. Nicht nur vom Inhalt, vor allem aber auch vom Stil.

Der Kern des Buches spielt in drei Tagen, wenn auch mehr als ein Leben darin stattfinden. Ein Aspekt, der mir durch die allgemeine Komprimierung des Geschehens besonders gefallen hat, war die Tatsache, dass einem die Erzählzeit als solche aber viel länger erscheint.

„Es gibt so etwas wie perfekte Traurigkeit.“

Der Schreibstil ist einfach, und doch zugleich hoch philosophischen Inhalts und geht dabei mitten ins Herz. Rein sprachlich ist das Buch durchaus noch ausbaufähig, weist hier und da einige grammatikalische Schwächen auf. Diese verzeiht man aber gerne, vielleicht sind sie sogar beabsichtigt. In jedem Fall ist er anders. Tagebuchartig. Persönlich. Losgelöst von gesellschaftlichen oder rechtschreiblichen Konventionen. Einfach so, wie ein Junge es wahrscheinlich im echten Leben auch für sich aufschreiben würde – eben mit ein bisschen Fiktion, die dem Leser selbst das Abmessen des Wahrheitsgehalts überlässt. Das macht den Inhalt greifbar, authentisch, fast real, mal abgesehen von dem an manchen Stellen etwas zu Fantastischem – doch wie bereits erwähnt, der Junge erzählt. Fiktion und Realität mischen sich. Sollten sie auch. Vor allem stiftet es aber Verbindung zur Geschichte, gibt einem das Gefühl, sich selbst in ihr zu bewegen. Nachzuempfinden. In diesen recht einfachen Sprachstil streut der Autor aber eine ganze Menge sprachlicher Bilder, lebensechter Gleichungen, die vielleicht nicht aufgehen. Vielleicht auch schon. Die vielleicht mehr als eine Lösung erlauben. Vor allem aber eines für mich als Leser, und das mag jetzt ganz subjektiv sein, darstellen: Die Parabel des Lebens. Des Abschiednehmens.

„[…] weil sie eine fundamentale menschliche Schwäche thematisiert: Wir schauen alle zurück.“

Für mich ist ‚This Love has no End‘ eine einzige Parabel bzw. sogar ein Aneinanderketten vieler einzelner davon. Parabel um Parabel – und jede lehrt sie mich als Leser etwas. Das kann ganz individuell sein, am Ende aber vor allem eines: das Leben. Sie lehrt das Leben. Es als solches zu akzeptieren, es aber nicht einfach nur zu leben, sondern zu gestalten. Mehr zu glauben, als man sieht. Mehr zu fühlen, als man denkt. Denn man hat nur eines, und die Liebe zum Leben sollte nie enden. Endet nie. Überdauert. Für manche länger, für andere kürzer. Jeder hat seine eigene Unendlichkeit, seine eigene Geschichte. Ja, genau das ist dieses Buch für mich. Und der Junge, der nicht sprechen will, es vielleicht zunächst auch nicht kann, ist doch zugleich der größte Geschichtenerzähler seiner Zeit. Einer, der selbst ohne es zu wissen die Kraft der Parabeln lebt und liebt. Er ist ein Geschichtenerzähler der besonderen Art. Er erklärt die Wichtigkeit des Abschiednehmens, Loslassens und doch Weitermachens und schenkt somit einem jeden Leser ein Stückchen Mut und Kraft, in diesem Leben zu bestehen. Lehrt einen, das man nicht für das ultimative Schicksal der anderen verantwortlich ist. Wohl aber für sein eigenes. Man trägt nicht die Schuld an den Entscheidungen und Lebensweisen, der einen umgebenen Menschen. Ein Stück kann man sie vielleicht beeinflussen, begleiten, doch letztlich entscheidet der eigene Wille. Oder zumindest sollte er es. Und das ist doch auch ein Teil des Erwachsenwerdens. Und der Junge – Parker – wird in seiner Geschichte ein Stück weit erwachsen. Es ist eben eine Art ‚Coming-of-Age-Story‘, ein Jugendroman, der weiter geht! Und man sollte sich nicht die Schuld der anderen aufbürden. Das ist es, was der Junge der Geschichte für mich im Verlauf der drei Tage gelernt hat. Vor allem aber haben diese drei Tage ihm Richtung und Heilung gegeben. Eine Perspektive, Liebe und Glück. Und das ist es doch, was wir alle wollen. Am Ende des Tages: glücklich sein. Und dieses Glück ist dehnbar. Ebenso das Leben. Es kommt nicht auf die Länge dessen an, sondern seine Erfüllung. Und ein erfülltes Leben ist doch irgendwie lang, kommt einem zumindest so vor, oder? Der Autor vermag dies herausragend darzustellen. Seine Charaktere sind dabei individuell, manchmal vielleicht auch ein bisschen drüber, und doch irgendwie genau richtig. Ja, pfiffig. So auch der junge Parker, der nicht spricht. Nicht aber, weil er es nicht könnte. Rein körperlich betrachtet. Sondern weil er der Welt mit seiner lauten Stimme nichts zu sagen weiß seit dem grausamen Tod seines Vaters, wohl aber mit seinen Worten. Man braucht kein lautes Organ, um gehört zu werden, denn manchmal hört das Leben den Ruhigen viel mehr zu. Denen, die Geschichten aufschreiben. Dem geschriebenen Wort. Es überdauert länger als ein laut gesagter Satz. Oder die hübsche Zelda, deren Erscheinung jung und doch zugleich zeitlos ist. Deren Charakter einer uralten Seele entspricht, die doch gerade erst den Frühling ihres Lebens erfährt. Aber vielleicht gibt es eben mehr als einen Frühling. Und wiederum vielleicht reicht es irgendwann. Die beiden treffen aufeinander und ändern einander die ganze Welt. Einer will ins Leben zurück, der andere sucht seinen Abschied.

  • Werden sie einander geben können, was sie so dringend suchen?
  • Wird Parker seine Geschichten auch selbst vorlesen können?
  • Und Zelda ihren Frieden finden?
  • Heilt eine neue Liebe beide Seelen und führt sie gemeinsam in die Zukunft?
  • Und wie sieht diese aus?
  • Bedeutet gemeinsam auch wirklich zusammen?

Lest und lasst Euch von Tommy Wallach in seiner Geschichte um das Leben und die Liebe ohne Ende mitreißen.

Die Geschichte konnte mich schließlich trotz sprachlicher Mängel überzeugen. Nicht zuletzt deshalb, weil sie inhaltlich so bedeutend ist. Aber auch der in mir Gänsehaut auslösende Titel und das romantische Cover sind einfach wunderbar gestaltet. Das dunkle Blau des Einbands mit dem Pärchen lässt eine erste Teenieliebe vermuten, der Titel wiederum viel mehr Gewichtigkeit erahnen. Und beides zusammen wird in der Geschichte gelungen verknüpft.

„Wie hast du es geschafft, dich mitten in deinem eigenen Leben zu verstecken?“

Wer Jugendromane der etwas anderen Art mag, wird diesen hier sicher lieben. Ich kann ihn nur empfehlen, selbst wenn er Düsterkeit und Hoffnung vereint und zunächst irrt und wirrt. Beide Seiten aufzeigt. Trauer und Glück. Willkommenheißen und Abschiednehmen. Für mich ein kleines Schätzchen – mit noch ein Paar Fehlern, aber durchaus großem Potenzial. ‚This Love has no End‘ – und auch wenn das Leben endet, die Liebe (dazu!) sollte es nie. Ein passender Titel für eine bewegende Geschichte übers Abschiednehmen, Aufwachen, Loslassen und Weitermachen. Enjoy!

Eure Jil Aimée