Rezension - Winter und Schokolade: Roman – Kate Defrise
Kurzbeschreibung
Drei Schwestern, ein tragisches Ereignis, ein Weihnachtsessen, das alle wieder zusammenbringt
Die Schwestern Magali, Jacqueline und Colette haben schon lange nichts mehr von ihrem Vater gehört. Seit dem Tod ihrer geliebten Mutter vor vielen Jahren herrscht Eiszeit in der Familie. Als er ihr Vater sie einlädt, Weihnachten mit ihm zu feiern, sind sie alles andere als begeistert. Dennoch fahren die Schwestern nach Hause, im Gepäck nichts als ihren Groll und das alte Familienrezept für Mousse au Chocolat. Sie ahnen nicht, dass ein lang gehütetes Geheimnis darauf wartet, gelüftet zu werden ...
Erscheinungsdatum: 12. Oktober 2015 (deutsche Erstausgabe / Taschenbuch)
29. September 2015 (Christmas Chocolat / Kensington)
Seitenzahl der Printausgabe: 448
Verlag: Heyne Verlag
Übersetzt von: Julia Walther
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Angaben zum Autor
Kate DeFrise wuchs in den USA auf und verbrachte die Sommerferien ihrer Kindheit in Belgien. Hier lernte sie, dass gutes Essen die Basis für ein gutes Leben ist. Sie studierte Übersetzung und lebte zeittweilig in Belgien und Frankreich. Heute lebt sie mit ihrem Mann, zwei Töchtern und einer Katze in San Diego.
Rezension – Familienglück auf Umwegen
In ‚Winter und Schokolade‘ erleben wir die Vorweihnachtszeit, das eigentliche Fest an sich und die damit verbundenen Vorbereitungen abwechselnd aus den Perspektiven dreier Schwestern. Die Schwestern, Colette – die Lehrerin und träumerische Wunschschneiderin, Magali – die Starköchin und Wunschautorin sowie Jacqueline – der Opernstar und die Wunschmama könnten dabei unterschiedlicher nicht sein. Jede ergänzt diese Familie perfekt mit ihren eigenen, ganz individuellen Charaktereigenschaften. Und dann gäbe es da auch noch den Bruder Art, der sich stets irgendwo in der Weltgeschichte rumtreibt und seinem Namen nach aller Ehre auszeichnungswürdige Fotos knipst. Eine Familie, in der die Kunst im Allgemeinen großgeschrieben wird und auch im Speziellen – Mode, Kochen, Gesang, Fotografie – glänzt. Perfekt könnte man meinen. Nahezu perfekt. Aber ganz so ist es dann doch nicht. Die Mutter der Geschwister starb früh, sehr früh. Mit diesem erschreckenden Ereignis hat sich für die belgische Familie alles verändert. Der Vater wurde kalt und entfernte sich von seinen Kindern. Sie konnten es ihm nie recht machen. Die Geschwister selbst zogen in unterschiedliche Richtungen in der Welt und – trotz des steten, oberflächlichen Kontaktes – entfremdeten sie sich nach und nach voneinander. Ein jeder hatte nun sein eigenes Leben, das er – bis auf ein paar wenige gemeinsam verbrachte Feiertage im Jahr – allein und mit der eigenen Familie (und Kindern) lebte. Bis eines Tages der Wunsch des Vaters aufkommt, alle Familienmitglieder wieder an einen Tisch an Weihnachten zu bekommen, da er etwas Großes mitzuteilen habe. Eine Erkenntnis, die alles verändert: retrospektiv, im Jetzt und auch für die Zukunft.
„Durch die Regeln dieses Spieles hatte ich nie eine Chance gehabt.“
Und genau zu diesem Zeitpunkt setzt die Geschichte ein, zu deren Inhalt ich an dieser Stelle nicht mehr, als die folgenden Fragen, verraten werde.
- Was möchte der Vater Großes mitteilen und warum gerade jetzt?
- Heiratet er vielleicht wieder oder ist schwer krank?
- Lassen sich die Geschwister und die Familie einfach wieder so zusammenführen?
- Oder wird es – wie in den vergangenen Jahren auch – oberflächlich bleiben?
- Mit welchen ganz eigenen Hindernissen müssen sich die drei Schwestern in der Vorweihnachtszeit rumschlagen?
- Und haben sie überhaupt den Kopf frei, für eine Familie, die lange keine richtige mehr war?
Taucht ein in eine Geschichte voll emotionaler Abenteuer der schönen und weihnachtlichen, aber auch der traurigen und erschreckenden Art und lasst Euch begeistern.
‚Winter und Schokolade‘ ist ein warmes, gelungenes Debüt über lang gehegte Familiengeheimnisse, die im Rahmen eines Weihnachtsfestes ins Licht der Aufmerksamkeit gerückt werden. Es ist ein Debüt, das mit einem leichten, liebevollen und süßen Schreibstil und der ein oder anderen genussvollen Versuchung und einer kleinen Prise Humor überzeugt. Es ist modern und kultiviert, ohne Traditionen zu vergessen oder zu verklären.
„Sie sollten Erinnerungen kreieren und Traditionen schaffen.“
Dabei glänzt es mit Charakteren, die ein jeder für sich, ein ganzes Spektrum an Farbe und Tiefe aufweisen. Charaktere, die wirkliche Ecken und Kanten zeigen und nicht typisch aalglatt sind. Ein jeder hat seine eigenen Dämonen und Sprünge, seine eigene Geschichte. Das ist es, was diesen Roman so packend und genussvoll zugleich macht. Das Buch überzeugt durch belgische Besonderheiten und ausgefeiltes und perfekt vermitteltes Wissen um die Eigenschaften und Hintergründe Belgiens und verleiht der Geschichte als Ganzes ein hohes Maß an Authentizität. Dabei ist es herzergreifend schön, wie auch lustig und traurig zugleich geschrieben. Perfekt, um sich in Weihnachts- und Winterstimmung zu bringen.
Ein knapper Kritikpunkt für mich ist, dass die Schriftgröße sehr klein gewählt wurde, was das Lesen mit der Zeit etwas anstrengend gestaltet. Dies hat aber nichts mit der Geschichte an sich zu tun und ist sicherlich reine Geschmackssache. Dafür überzeugt mich das Cover, welches in Blautöne gehalten ist, die sich mit winterlichem Weiß, lieblichem Pink und schokoladenem Braun vermischen. Durch die Handschuhe einerseits und die Tasse warmen Kakaos andererseits wird der Titel des Buches perfekt inszeniert und ein schönes Gefühl für den Roman an sich vermittelt. Dabei sind Schriftzug und Haptik passend angenehm gestaltet. Es überzeugt sogar mehr als das englische Cover.
Die gesamte Geschichte ist hierbei leicht und simpel erzählt, was an dieser Stelle nicht negativ gemeint ist, sondern einem auf charmante Art verdeutlicht, wie die Ausdauer der Liebe innerhalb einer Familie an Bewusstsein erlangt. Durch die vielen kleinen und größeren Weihnachtsrezepte und die atmosphärische Beschreibung der einzelnen Gerichte, und wie diese in das Geschehen der Geschichte verwoben sind, kann man beim Lesen die süßesten Düfte quasi riechen und genießen. Das ein oder andere werde ich sicherlich demnächst ausprobieren.
„Die einzige Konstante in einer Welt der Variablen.“
Einfach bewegend, ergreifend schön und lecker. Nicht nur ein Genuss für das Auge, sondern auch für den Gaumen, so wie Magalis Soufflés. Danke an das Heyne-Team für das Zusenden eines Rezensionsexemplars.
Eure Jil Aimée